Der Kulturförderkreis in Altomünster ist für seine lange Tradition der offenen Veranstaltungen, der Kul-Tische, bekannt.
Selten kochten allerdings die Emotionen so hoch, wie in der letzten Veranstaltung zum Thema „VON ASYLBEWERBERN UND ANDEREN IMMIGRANTEN“.

Auf den ersten Blick scheint an diesem Abend das Thema Asylbewerber für Altomünster kein Thema zu sein. Wenige Altomünsterer, darunter überwiegend ältere Teilnehmer oder aus dem Arbeitskreis Asyl, fanden den Weg in den Kapplerbräu.
Das ist schade, denn wie die Diskussion an diesem Abend zeigte, ist es durchaus ein heißes Thema für Altomünster und wird in den nächsten Wochen und Monaten noch zunehmen. Mit der Frage, wie sich die Situation in Altomünster ändern wird, waren viele der Teilnehmer zur Veranstaltung gekommen.

kfk (2)Dr. Ulrich Schneider, Vorsitzender des KFK, führte mit einer ausführlichen Präsentation durch den Abend. Er begann mit Christi Geburt, die er auch als eine Geschichte der Flucht beschrieb, blickte tief in die Vergangenheit und ging 65.000 Jahre zurück, als die Zuwanderer aus Afrika auf die Neandertaler trafen.

Um die Sicht der Zuwanderer kennenzulernen, hatte der KFK Gäste aus Afrika geladen. Tezera Clausnitzer, gebürtiger Äthiopier aus München, folgte der Einladung und berichtete von seiner Flucht aus seinem Heimatland. Mit einem dezenten bayrischen Dialekt berichtete der Elektronikingenieur von seinem Land. Demokratie in Äthiopien existiere nur auf dem Papier, so Clausnitzer. Wer sich gegen das System stellt, muss mit Repressalien rechnen. Er selbst hatte in seiner Jugend mit Freunden eine Partei gegründet. Die Partei wurde zerschlagen, seine Freunde verhaftet und einige kamen im Gefängnis ums Leben, er aber konnte aus Äthiopien fliehen.

kfk (4)In Deutschland fand er eine neue Heimat, wenn auch die erste Zeit sehr hart war und er seine Familie vermisste. Er lernte eine Frau aus Äthiopien kennen, die
als Kind von Deutschen adoptiert wurde und in München aufwuchs. Clausnitzer heiratet sie und nahm ihren Namen an, aus Respekt ihren kinderlosen deutschen Eltern gegenüber, wie er erzählte.

Clausnitzer ging ausführlich auf die aktuelle Situation in seinem Heimatland ein. Die Wahlen sind nach seiner Erfahrung manipuliert. Demonstriert man dagegen, bekommt man die ganze Macht der Herrschenden zu spüren.
Clausnitzer prangerte Leid und Krieg in ganz Afrika an. Sein Kontinent befinde sich bis heute überall im Krieg. Auslöser seien oft Interessen ausländischer Nationen, denen die eigenen, meist wirtschaftlichen Interessen, immer wichtiger sind als die der afrikanischen Länder. Diese Situation veranlasst viele Afrikaner, ihr Land zu verlassen und ihr Wohl in der Ferne zu suchen. Auf die Frage, warum sich das Volk nicht erhebe, fragte er historisch bewandert, wie sich denn die Deutschen gegen Hitler erhoben hätten.

Clausnitzer Empfehlung war einfach: Stoppt alle Hilfen für Afrika, denn nur dann ist der Druck in den Ländern groß genug, um Veränderungen anzustoßen. Im anderen Fall werden immer mehr Leute flüchten und nach Europa kommen.

kfk (3)Nach diesen Schilderungen setze Dr. Schneider seinen Vortrag fort. Die Zeitreise kam der Gegenwart immer näher. Schneider erzählte von den Flüchtlingen am Ende des zweiten Weltkrieges und den ostdeutschen Zuwanderern nach der Wende.
Dann gelangte Schneider in die Gegenwart. Er distanzierte sich deutlich von der PEGIDA Bewegung und stellte sie in die rechte Ecke. Mit einem Gauck-Zitat unterstrich er seine Position: „Ängste ernst nehmen, aber nicht folgen“.

An dieser Stelle regte sich der Widerspruch der Zuhörer. Nicht alle PEGIDA Mitläufer seien Nazis, so die Sicht eines Anwesenden. Dr. Schneiders Anspruch auf Deutungshoheit ging einigen Teilnehmern an diesem Abend zu weit. Sie reagierten mit Widerspruch und Unruhe.

Es war für den neutralen Beobachter interessant zu sehen, wie diese Gruppierung die Gemüter der Teilnehmer erhitzte an diesem Abend.
Schneider ließ sich von der Unruhe nicht beindrucken und setze seinen Vortrag fort. Er erläuterte, dass die Menschen nicht nur über das Meer flüchteten, sondern auch über Land aus dem Osten kämen. In der Westukraine gäbe es Lager für die Flüchtlinge, die aus der EU zurück geschickt und dort eingesperrt werden. Teilweise würden die Flüchtlinge dort geschlagen werden, so Schneider weiter. Die Flüchtlingslager werden mit Geldern der EU unterstützt. Einigen Teilnehmern gingen diese Darstellungen deutlich zu weit. Sie waren gekommen, um über die lokalen Herausforderungen beim Thema Asyl zu diskutieren und wollten sich keine Fremdenfeindlichkeit unterstellen lassen. Schneider hatte nicht vor, den Teilnehmern Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen, polarisierte aber absichtlich so extrem. Er wollte eines klar machen: Wer hierher kommt, hat gute Gründe dafür und es stehe uns nicht zu, darüber zu urteilen.

Große Unruhe und lauten Widerspruch erntete er beim Thema Umbau Sportheim Obergrießbach für Asylbewerber. Die Obergrießbacher wollen eine Mauer um das Heim bauen, so zitierte Schneider die Presse. Die anwesenden Obergrießbacher dementierten das umgehend. Diese Aussage sei eine Fehlinformation einer lokalen Tageszeitung, die nicht zuträfe. Stattdessen gebe es eine Interessengemeinschaft, die den gegenseitigen Schutz der Privatsphäre im Fokus hätte, so die Mitglieder des in Gründung befindlichen Helferkreises Asyl aus Obergrießbach.

Die Obergrießbacher hatten sich deutlich mehr Inhalte und praktische Tipps von der Veranstaltung erhofft, statt in die geschichtliche und geographische Ferne zu schweifen.

Ein Teilnehmer prangerte die mangelhafte Kommunikation der Politik an. Die Bürger wären unzureichend informiert. „Wir wissen zu wenig voneinander“, so der Teilnehmer, und die Politik informiere die Bevölkerung unzureichend. Es könne nicht Aufgabe eines ehrenamtlichen Helferkreis sein, diese Dinge zu übernehmen. Hier sei die Politik gefordert.

kfk (5)Die Politik in Person unseres zweiten Bürgermeisters Josef Wiedmann war an diesem Abend auch vertreten. Wiedmann brachte etwas Ruhe in die Diskussion und erläuterte, wie die Aufteilung der Asylbewerber auf die Gemeinden funktioniert. Die Bundesrepublik weist den Bundesländern die Flüchtlinge zu. Bayern dann dem Landkreis Dachau und dieser verteilt die Asylbewerber dann auf die Gemeinden. Das passiert oft kurzfristig und man muss vor Ort dann schnell handeln und gegebenenfalls auch eine Notlösung wählen, so Wiedeann. Es gäbe dutzende Vorschriften, die zu beachten sind. Die Idee, Frauen und unbegleitete Jugendliche im Kloster unterzubringen, war keine Alternative, da im Asylrecht die Größe der Unterkunft festgelegt ist und die Zellen im Kloster zu klein sind.

Die aktuellen Diskussionen z.B. über die ehemalige Kaserne in Schmarnzell oder über Container im Gewerbegebiet sind noch nicht abgeschlossen. Jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile.

Eine wesentliche Erkenntnis des Abends war: Es gibt keine einfache Lösung. Die hitzigen Diskussionen an diesem Abend haben das deutlich gezeigt.

Dieser Punkt kann durchaus als ein Manko des Abends genannt werden. Aus unserer Sicht sollte bei einem so emotionalen und wichtigen Thema in Zukunft ein neutraler Moderator durch die Veranstaltung führen, um alle Vor- und Nachteile sowie Meinungen ausreichend zu berücksichtigen.

Dem Abschlussapell von Dr. Schneider schließen wir uns als Fazit des Abends gerne an:

Nehmen wir die Menschen auf, solange sie da sind und unsere Hilfe brauchen.

Bildquelle: (c) altonews.de