Manchmal setzen sich Gedanken wie der sprichwörtliche „Ohrwurm“ fest, schlummern und nagen, bis sie in einer konkreten Situation in den Vordergrund treten und zum Handeln ermuntern. So begrüßte die Vorsitzende der Kolpingsfamilie Altomünster, Frau Gitti Graf, herzlich die – erfreulich zahlreich gekommenen – Gäste zum Vortrag „plastikfreier Haushalt (un-)möglich?“. Seitdem dieses Thema für einen Vortrag im Jahresprogramm der Kolpingsfamilie feststand, habe sie jeweils bei ihren Einkäufen daran gedacht und sich bei manchen Produkten mit zu viel Verpackung anders entschieden. Frau Graf fuhr fort, dass nun alle Anwesenden darauf gespannt seien, wie die Referentin, Frau Sylvia Schaab, Journalistin und Internet-Bloggerin aus Augsburg, es geschafft habe, ihren Haushalt mit Ehemann und drei Kindern jüngeren Alters nahezu vollständig plastikfrei zu führen.
Frau Schaab begrüßte die Gäste ebenso herzlich; sie freue sich sehr über die Einladung zum Vortrag. Auch bei ihr habe es diese „Aha-Erlebnisse“ gegeben. Die Umkehr zur nachhaltigen Müllvermeidung begann mit der Beobachtung, wie die Mülltonnen in der Nachbarschaft regelmäßig überquellen. Wer mit offenen Augen durch die Straßen gehe, sehe ebenso die Müllmengen. Als ihr Sohn dieses Thema in der Schule und in den Hausaufgaben hatte, fiel die Entscheidung, nicht nur darüber zu sprechen, sondern zu handeln.
Im ersten Teil ihres Vortrages informierte Frau Schaab über die Gesundheitsgefährdung des Plastikmülls. In Deutschland ist die Müllsortierung nach Wertstoffen im Allgemeinen bereits solide verankert. Dennoch würde nur ca. die Hälfte des Plastikmülls recyclt. Wattestäbchen hätten z.B. in der Natur eine Verrottungszeit von über 100 Jahren. Wissenschaftliche Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 100.000 Tiere jährlich an gefressenem Plastikmüll verenden. Nahezu jedes Kinderbuch habe im vermeintlichen Interesse einer besseren Haltbarkeit laminierte Seiten. In den Babyschnuller waren viele Jahre lang Weichmacher zulässig. Kälte, Wärme, Flüssigkeit setzen dem Plastik zu, sodass sich Partikel lösen und z.B. beim Spielen der Kleinkinder in den Mund und Körper gelangen. Es gebe bereits einzelne medizinische Nachweise über Plastik-Partikel im Blut von Erkrankten.
Frau Schaab erwähnte ferner verschiedene lesenswerte Bücher. Im englischen/amerikanischen Sprachraum sei die „5R-Regel“ zur Nachhaltigkeit zu erwähnen: reduce (Müll vermeiden), refuse (die Annahme von nicht benötigten Werbeartikeln ablehnen), reuse (Mehrwegverpackungen auswählen bzw. gekaufte Einweggläser mit Lebensmitteln säubern und mehrmals weiternutzen), recycle (Mülltrennung nach Wertstoffen und Verwertung der Wertstoffe) sowie rot (Kompostierung). Zu bedenken sei bei der Kompostierung von Verpackungen jedoch, dass manche Verpackungen, die angabegemäß kompostierbar seien, trotzdem wesentlich längere Verrottungszeiten als der Biomüll hätten
Im zweiten Teil des Vortrags schilderte Frau Schaab überzeugt und begeistert, wie die Umkehr ihrer Familie zur Plastikvermeidung gelang. Sie hatte hierzu etliche Anschauungsobjekte dabei. Zunächst seien immer wieder ein intensiver Gedankenaustausch sowie kreatives Ausprobieren erforderlich. Die Umstellung könne nicht wie ein Spurt von 0 auf 100, sondern nur wie ein Ausdauerlauf mit vielen kleinen Schritten angegangen werden. Mit jedem gelungenen Schritt kommen dann weitere Ideen für den nächsten Schritt hinzu. Zunächst sollten Einkäufe und Ausflüge geplant werden, indem z.B. ein Einkaufskorb oder Stoffbeutel im Kfz mitgeführt werden. Beutel in unterschiedlicher Größe für den Einkauf am (Stadt-) Markt können aus Stoffresten selbst genäht werden. Sie sind z.B. ein persönliches Unikat zum Verpacken eines Geschenkes. Im nächsten Schritt sollten dann Glas-Mehrwegverpackungen für Milchprodukte oder eingelegtem Obst/Gemüse vorgesehen werden. Diese können auch für die Aufbewahrung selbst zubereiteter Speisen weitergenutzt werden. (Anmerkung, wie es die Kolpingsfamilie Altomünster bereits seit vielen Jahren für die Zubereitung der Marmeladen zum Verkauf am Christkindlmarkt handhabt.) Die eigene Zubereitung der Speisen und Getränke ist nicht nur ein Gewinn für die Gesundheit und Lebensqualität, weil die Zutaten sorgfältig ausgewählt und vorbereitet sind. Es ist vor allem auch ein tolles Gemeinschaftserlebnis , wenn die Kinder mithelfen, Obst einzuwecken, Sirup zu kochen, Seife zu sieden, oder Kekse und Plätzchen zu backen. Ein großer Schritt, jedoch mit entsprechenden Kosten verbunden, ist im nächsten Schritt die Umstellung der Haushaltsgebrauchsgegenstände auf Holz oder Edelstahl.
Im Anschluss an den – von den Anwesenden mit kräftigem Applaus bedachten – Vortrag wurde an den Tischen und mit der Referentin rege diskutiert, wie denn im heutigen modernen Haushalt das eine oder andere aus dem reichen Erfahrungsschatz der Generationen nützlich reaktiviert werden kann. Die Kolpingsfamilie Altomünster setzt sich nicht nur satzungsgemäß, sondern mit großem Engagement für die Bewahrung der Schöpfung ein und wird auch weiterhin an diesem Thema „dranbleiben“.
siehe bitte auch frühere Beiträge zum Thema
https://www.altonews.de/2016/02/18/einladung-zum-vortrag-plastikfreier-haushalt-un-moeglich/
http://www.gruenerwirdsnimmer.de/
Bildquelle: (c) altonews.de
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